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Kinderflüsterer

Ihr kennt sicherlich alle den Pferdeflüsterer, spätestens seit dem Film mit Robert Redford. Es geht darum, die Bedürfnisse des Pferdes zu spüren und sich auf es einzulassen, so wie es ist. Viele „gestörte“ Pferde waren durch diese „Technik“ wieder reitbar und zeigten sich auf einmal vermeintlich von einer anderen Seite.

Was bitte, ist jetzt ein Kinderflüsterer?

Ich hoffe, Ihr verzeiht mir den Vergleich, aber für Kinder gilt das Gleiche. Als Kinderflüsterer versetze ich mich in die Welt des Kindes, nehme seine Empfindungen und Sichtweisen wahr, d.h. sehe ich auch einmal alles mit anderen Augen. Da sehe ich plötzlich, dass der Schnürsenkel am Schuh zu kurz ist, um mit kleinen Händen geschnürt zu werden.

Wie leicht wäre es, sie als Erwachsener dann schnell zu binden, Aber NEIN: der kleine Mensch will diese Herausforderung unbedingt selbst meistern und da kann unsere Hilfe zu einer großen Wutausbruch führen, trotz unserer guten Absicht.

Wir Erwachsenen haben verlernt, durch Üben und Rückschläge zu lernen. Wie schnell geben wir auf, wenn uns etwas nicht auf Anhieb gelingt. Wenn wir uns vor Augen führen, wie oft ein Kind im Krabbelalter hinfällt, bevor es sicher Laufen kann, können wir vor dem Wunder dieser MEGA Motivation, es trotz unzähliger Rückschläge wieder zu versuchen, bis es klappt, nur staunen.

Wenn ich es als Kinderflüsterer schaffe, in diesem Moment all dieser Umstände gewahr zu sein und ja- das ist furchtbar schwer- dann kann ich mich zurücknehmen, nicht helfen und dem Kind meine emotionale Unterstützung anbieten in dem ich ausspreche, was es fühlt: „Das ist aber auch zu blöd, dass der Schnürsenkel jetzt an der Seite zu kurz ist. Mensch, da würde ich mich bestimmt auch richtig drüber ärgern.“

Probiert es aus, Ihr werdet feststellen:

Das verzweifelte Kind entspannt sich augenblicklich, denn es spürt, da IST jemand, der mein Problem versteht! Ich werde gesehen, meine Empfindungen werden wahrgenommen.

Auch die Auswirkungen des Kinderflüsterer können mit denen des Pferdeflüsterers verglichen werden. Ein Kind, das sich mit seinen Gefühlen angenommen fühlt, vertraut mir und lässt sich auf mich ein. Es folgt mir (damit meine ich NICHT „gehorchen“ im disziplinarischen Sinne), sondern es möchte mit mir verbunden sein. Wenn ich das erreiche, ist das Zusammenleben so viel einfacher.

Apropos Flüstern im Wort wörtlichen Sinne: ich selbst flüstere meinen schlafenden Kindern jeden Abend etwas ins Ohr. Eine positive Affirmation die gerade zur Lebenssituation des Kindes passt, dass Mama Dich liebt, oder dass ich sehr dankbar bin, seine Mama zu sein. Ich sehe jeden Abend, dass die Kinder mich hören, obwohl sie schlafen. Sie seufzen tief, entspannen sich noch ein Stück weit mehr, manchmal huscht sogar ein Lächeln über ihr Gesicht.

In diesem Sinne, frohes Flüstern.

Eure Giulia

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